Mary Earps vs. Hannah Hampton: Das Drama erklärt
Was ist eigentlich aus der GK-Union geworden?
Wenn du auch nur ein bisschen in der Welt des Frauenfußballs unterwegs bist, ist dir der vermeintlich einseitige Beef der vergangenen Woche zwischen Mary Earps und Hannah Hampton sicher nicht entgangen. Zwei der besten Torhüterinnen, die je für die Lionesses gespielt haben, plötzlich in eine medial angefachte Scharmütze verstrickt. Alle haben sich geäußert, von Trainer:innen und Journalist:innen bis zur breiten Öffentlichkeit, doch wie bei den meisten Dramen, die online hochkochen, verwischt sich vieles schnell. Ob du im Frauenfußball Kenner:in oder absoluter Rookie bist – wir malen dir die Szenerie aus.
Das Drama nahm vor weniger als einer Woche Fahrt auf, als Earps die Pressetour zu ihrer Autobiografie startete All In: Football, Life and Learning to be Unapologetically Me, doch die Wurzel des Problems liegt viel weiter zurück. In den Tagen vor der mit Spannung erwarteten Veröffentlichung am 6. November hat The Guardian kleine Auszüge aus entscheidenden Momenten der Autobiografie veröffentlicht. Einer der ersten Vorabdrucke schilderte Earps’ Enttäuschung über die Entscheidung von Englands Nationaltrainerin Sarina Wiegman, Hampton im vergangenen Jahr in einem EM-2025-Qualifikationsspiel gegen die Republik Irland in die Startelf zu berufen; Earps kommentierte dazu: „Schlechtes Verhalten wird belohnt.“ Falls du dich fragst, auf welches „schlechte Verhalten“ sie anspielt, frischen wir dein Gedächtnis kurz auf.
Zur Einordnung: Wir schreiben 2022. England hat gerade die Frauen-EM im eigenen Land gewonnen, und die Popularität des Frauenfußballs ist im Vereinigten Königreich auf einem Allzeithoch. Hampton war damals erst 21, Europameisterin und startete in ihre zweite Saison bei Aston Villa.
Im September desselben Jahres wurde berichtet, dass die junge Torhüterin von Wiegman vor Englands WM-Qualifikationsspielen wegen Problemen mit Einstellung und Auftreten aus dem Kader gestrichen worden sei. In All In, erklärt Earps: „Ihr Verhalten hinter den Kulissen bei der EM habe wiederholt Trainings und Teamabläufe zu torpedieren gedroht.“ Zudem geriet Hampton bei ihrem Klub in eine Krise und wurde aus ähnlichen Gründen nicht in den Kader berufen. Manche sagten, sie werde wohl nie wieder für England spielen. Das hat sich – zumindest – als falsch herausgestellt.
Springen wir ins Jahr 2025: Die EM steht vor der Tür und England bereitet sich darauf vor, seinen Titel in der Schweiz zu verteidigen. Hampton ist inzwischen die Nummer-eins-Torhüterin bei Chelsea und erreicht langsam ihre Hochphase. Earps hingegen tritt nach einer holprigen Debütsaison bei Paris Saint-Germain ein wenig aus dem Rampenlicht. Konkurrenz im Tor gibt es in jedem Team – und bei den Lionesses war der Kampf um die Stammtorhüterin für die EM 2025 ohnehin absehbar. Ein weiterer Auszug aus Earps’ Buch erklärt ihre Entscheidung, nur wenige Wochen vor Turnierbeginn aus der Nationalmannschaft zurückzutreten.
Als sie ihren Rücktritt bekanntgab, kursierten online Gerüchte, sie tue das, weil Hampton sie als Englands Stammtorhüterin endgültig entthront habe. Die Autobiografie stützt diese Darstellung, indem Earps die Leser:innen in ein Gespräch mitnimmt, das sie vor dem Turnier mit Wiegman führte. Viele glaubten, der plötzliche Abgang einer erfahrenen Spielerin kurz vor einem großen Turnier würde das Team ins Wanken bringen. Stattdessen wuchs Hampton an der Aufgabe und spielte eine Schlüsselrolle dabei, den Lionesses den zweiten Europatitel zu sichern.
Viele haben die Panik nach Earps’ Rücktritt längst verdrängt – dabei arbeitete eine mehr als fähige Nachfolgerin bereits daran, die große Lücke zu schließen, die die Routinière im Tor hinterlassen hatte. Warum also all das Drama? Die Art und Weise, wie diese zutiefst persönlichen Gefühle und Momente publik wurden, war Öl ins Feuer der Medien. Hamptons Klubtrainerin, Sonia Bompastor, meldete sich sogar zu Wort und behauptete, sie habe die Situation mit mehr Klasse gemeistert als Earps. Und vielleicht hat Bompastor recht. Hampton fand nach Earps’ Rückzug nur freundliche Worte, während die Auszüge aus der Autobiografie sie zwangen, eine Phase ihrer Karriere noch einmal zu durchleben, die – wie sie einräumt – ihrer mentalen Gesundheit vor wenigen Jahren zugesetzt hat.
Plötzlich teilt sich der Sport in zwei Lager: Team Hannah und Team Mary. Es ist ein klassischer The Substance-esk anmutender Fall, in dem der jüngere Star die ältere Ikone entthront – ganz ohne Body-Horror. Hampton hat sich zu einer der besten Torhüterinnen der Welt entwickelt; Earps überreichte ihr Anfang dieses Jahres beim prestigeträchtigen Ballon d’Or symbolisch die allererste Yashin Trophy für die beste Torhüterin.
Obwohl die Medien die beiden Frauen aktiv gegeneinander auszuspielen versuchen, erinnerte Earps in den sozialen Medien daran, dass auch sie nur ein Mensch ist – und dass die Reaktionen auf ihre Worte nicht spurlos an ihr vorübergingen. Hampton hat sich zu der Sache bislang nicht geäußert; vielleicht ist das auch besser so. Mit der vollständigen Veröffentlichung des Buchs in wenigen Tagen könnten weitere enthüllende Kapitel sie entweder dazu bringen, dieses Schweigen zu brechen – oder das Ganze bleibt am Ende nur ein kleiner, dramatischer Wimpernschlag auf dem Frauenfußball-Radar.

















